Alltagsgeschichte vom Feinsten! Die Führung einer Chronik, in der nicht nur schulische Themen, sondern auch alle wichtigen Ereignisse im Schulsprengel festgehalten werden sollten, gehörte früher zu den Pflichten jedes Schulleiter. Die Schulchronik von Diex ist eine der wichtigsten Quellen zur Gemeindegeschichte. Ihr erster Band ist großteils in Kurrentschrift verfasst und für immer weniger Menschen lesbar, denn wer die deutsche Schreibschrift noch in der Schule gelernt hat, ist heute 90 und mehr Jahre alt. Um den Gemeindebürgern die Lektüre der Chroniktexte zu ermöglichen, die faszinierende Einblicke in die Alltagsgeschichte aller Krisen- und Umbruchszeiten des 20. Jahrhunderts und die Mühen des ländlichen Alltags früherer Zeiten gewähren, hat die Gemeinde Diex gemeinsam mit dem Geschichtsverein für Kärnten ein Projekt gestartet. Alle Chroniktexte bis zum Jahr 1955 herauf wurden transkribiert und wenn nötig mit Kommentaren versehen. Die Bilder wurden digitalisiert und in die gedruckte Chronik eingebaut. Die Lektüre der demnächst als gedrucktes Buch vorliegenden Schulchronik ermöglicht das Eintauchen in eine Welt, die uns heute gänzlich fremd erscheint: Vor 70 Jahren gab es in Diex noch kein elektrisches Licht, und der Ort war im Winter oft wochenlang abgeschnitten. Die Schulkinder früherer Zeiten waren weit robuster als ihre heutigen Altersgenossen. Ihr täglicher Schulweg war extrem lang (bei einigen mehr als drei Stunden). Viele verbrachten nur einen Teil ihrer achtjährigen Schulpflicht tatsächlich in der Schule. Sommerbefreiungen und Kinderarbeit waren bis in die 1950er-Jahre weit verbreitet. Daher begann das Schuljahr bis 1938 zu Ostern, und die Hauptferien gab es im September und Oktober, wenn der Arbeitskräftebedarf in der Landwirtschaft am höchsten war (Erntearbeit, Viehhüten etc.). Der schulische Alltag war geprägt von häufigem Lehrermangel bei riesigen Schülerzahlen. 1935 gab es in der Volksschule Diex samt Expositur Grafenbach in acht Schulstufen 313 Schüler, jedoch nur 5 Klassen, für die wiederum nur 4 Klassenzimmer zur Verfügung standen. Alle politischen Umbrüche im 20. Jahrhundert, die auch die abgelegene Berggemeinde Diex erschütterten, werden behandelt. Dabei erfährt man überraschende Details, wie z. B., dass man in Diex im Ersten Weltkrieg den Kanonendonner von der Isonzofront hören konnte. Soziale Veränderungen werden nachvollziehbar, wie die Landflucht, die einen dramatischen Bevölkerungsrückgang auslöste. 1890 lebten in der Gemeinde Diex 2077 Menschen, aktuell sind es weniger als 800. Die Chronisten beschreiben aber auch außergewöhnliche Wetterphänomene, Brandkatastrophen und Unglücksfälle und liefern zahlreiche Geschichten zu einzelnen Höfen und Familien.