Das Mehrwertsteuersystem ist betrugsanfällig. Daher werden dem
Steuerpflichtigen zahlreiche Beleg-, Nachweis- und Dokumentationspflichten
auferlegt. Einige dieser Pflichten sind unionsrechtlich
zwingend vorgegeben. Die Mehrheit stützt sich jedoch auf das den
EU-Mitgliedstaaten unionsrechtlich eingeräumte Ermessen. Große
Unterschiede zwischen den formalen Anforderungen in den einzelnen
EU-Mitgliedstaaten sind die Folge. Daneben tritt die Komplexität
der materiellen Bestimmungen des Mehrwertsteuerrechts.
Gerade international tätige Unternehmen laufen daher ständig Gefahr,
einen irrtümlichen Rechtsanwendungsfehler zu begehen. Dieses
Problem wird dadurch verschärft, dass die korrekte mehrwertsteuerliche
Behandlung oft von Umständen abhängt, die den Leistungsempfänger
betreffen. Diese kann der Steuerpflichtige selbst
kaum verifizieren. Fehler haben nicht selten die Versagung materieller
Rechtspositionen oder andere Sanktionen zur Folge.
Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, wo Grenzen der Verantwortung
des Steuerpflichtigen als „Steuereinnehmer des Staates“
liegen. Dabei werden erstmals die relevanten Regelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie
vor dem Hintergrund der hierzu ergangenen
Rechtsprechung und der Grundprinzipien des Mehrwertsteuerrechts
umfassend dogmatisch erarbeitet und systematisiert.
Das Ergebnis sind belastbare Aussagen zu den Grenzen der Befugnisse
der EU als auch ihrer Mitgliedstaaten bei der Bestimmung von
Rechtsfolgen irrtümlicher Rechtsanwendungsfehler. Diese Ergebnisse
dienen als Ausgangspunkt für die Untersuchung von zwei ausgewählten
und praxisrelevanten Problemstellungen.
Die gesamte Arbeit trägt der Harmonisierung des Mehrwertsteuerrechts
Rechnung. Sie beschränkt sich daher nicht auf das Unionsrecht
und das deutsche Umsatzsteuerrecht, sondern nimmt auch
die Rechtslage in anderen EU-Mitgliedstaaten in den Blick.