Wer kennt noch Fahrende, die in alter Tradition die Kunst des Zirkus betreiben? Claudia Reiches Fotografien aus den 1980er Jahren vom ‚Circus Royal‘, der in und um Hamburg tourte, zeigen Portraits und Beobachtungen einer Zirkusfamilie und ihrer Arbeit. Neue Fotos von Besuchen bei den Nachfahren, die als Artisten und Schausteller arbeiten, sind neben die historischen Bilder gestellt. Eine Grundfrage, die sich anhand des historischen Unterschieds der Bilder in Texten zu Clowns zum Lächerlichen und zu medialen Veränderungen auch literarisch durch das Buch zieht, betrifft die Art wie ‚abweichende‘ Lebensweisen aktuell wahrgenommen werden. Denn ‚Zirkus' steht heute weniger für fliegende Menschen und den Traum von einem befreiten Leben. Stattdessen ‚fliegen Steine‘ auf einen Zirkus, der als Symbol eines unergründlich Anderen populär geworden ist: seien es diffamierte queere Sexualitäten, sei es ein gefürchtetes und gefeiertes ‚Böses‘ in der Maske des Horror-Clowns. Anders gesagt: ‚Zirkus‘ ist überall und Zirkus verschwindet mehr und mehr. Wo also ist die Manege?