Das Institut für deutsche Tätowier-Geschichte e.V. (IDTG) legt mit dieser Publikation seine erste Buchveröffentlichung vor: eine Doppelbiografie über Ruth (1912–1964) und Hans Ullrich (1909–1957) in Form eines Sammelbands. Das lange vergessene Paar prägte die seinerzeit noch überschaubare Tätowier-Subkultur der 1940er und 1950er Jahre – als Tätowierer, als Gründerin von Tattoo-Klubs und als Sprachrohre ihrer Szene. Vor allem aber waren sie – so Ruths eigene Formulierung – „Liebhaber der blauen Kunst“.
Auf der Grundlage zahlreicher bislang unveröffentlichter Quellen – vom Ullrich’schen Vorlagealbum über persönliche Korrespondenz mit Hans Ullrichs Hamburger Lehrmeister Christian Warlich (1891–1964) bis hin zu im Eigenvertrieb produzierten Werbepostkarten – öffnet das Buch ein Fenster in eine bislang nur unzureichend untersuchte Ära der Tätowier-Geschichte im deutschsprachigen Raum. Zugleich verortet es diese Entwicklungen im internationalen Kontext der Mitte des 20. Jahrhunderts und in den wechselnden gesellschaftlich-politischen Bedingungen dieser Zeit.
Eingebettet in die Geschichte der Ullrichs erzählt die Publikation zudem von der oft abenteuerlichen Sicherung beinahe verlorenen Quellenmaterials, von Hautverzierungen überzeugter Nationalsozialisten und von Frauen wie Ruth Ullrich, die als selbstbewusste Akteurinnen in einer vormals männerdominierten Tätowier-Kultur sichtbar wurden. Darüber hinaus untersucht der Band die mediale Gegenwehr „von unten“ gegen die Stigmatisierung tätowierter Körper, populäre Bildmotive wie die Meerjungfrau und die Funktionen von Tätowier-Vorlagenbüchern – etwa jenem von Hans Ullrich. Ein besonderer Fokus gilt den internationalen Netzwerken der Szene, etwa der Brieffreundschaft zwischen Hans Ullrich und der britischen Tätowiererin Jessie Knight (1904–1992), die die zunehmende Globalisierung der Tätowier-Kultur veranschaulicht.
Die Beiträge des Sammelbands stammen von Julia Pucher, Manfred Kohrs, Matt Lodder, Marcus Schäfer und Ole Wittmann. Die Gestaltung des Buches lag – mit viel Herzblut – in den Händen von Volker Henze.