Das römische Produktionszentrum für Sigillata und Lampen in Henchir el Guellal bei Djilma liegt ca. 130 km südwestlich von Hadrumetum/Sousse in Zentraltunesien. Dabei handelt es sich um eines der großen ländlichen Töpfereizentren, das nicht nur für den regionalen Absatzmarkt produzierte, sondern dessen Erzeugnisse über den seegestützten Fernhandel auch weite Verbreitung im gesamten Mittelmeerraum erlangten. Das bislang kaum bekannte Produktionsspektrum wird anhand des Fundmaterials aus zwei Surveys (1984/85, 1991) beurteilt; Ausgrabungen im Bereich der mittelkaiserzeitlich-spätantiken Sigillata- und Lampentöpfereien fehlen. Deshalb steht die typochronologische und archäometrische Analyse der Feinkeramik im Mittelpunkt der Untersuchung. Mit Hilfe einer für Djilma spezifischen chemischen Referenzgruppe und von pXRF-Messungen konnten appliken- und stempelverzierte Sigillatagefäße und Lampen ohne überlieferte Provenienz dem Produktionsspektrum wieder zugewiesen werden. Zielsetzung war es, das Formenrepertoire der ab ca. 220/230 produzierten Sigillatagefäße und der Lampen weitestgehend zu rekonstruieren. Während die glatten, ab der Mitte des 4. Jahrhunderts mit töpfereispezifischen Stempeltypen verzierten Standardformen des Tafelgeschirrs des 3. bis frühen 5. Jahrhunderts in Djilma hergestellt wurden, fehlen solche ab der Mitte des 5. Jahrhunderts. Dies gilt entsprechend für Stempeltypen mit ab 430/440 immer beliebter werdenden Christogrammen und Kreuzmonogrammen, ein Phänomen, das sich auch in anderen Sigillatatöpfereien in Nord- und Zentraltunesien beobachten lässt.
Für die Sigillatalampen wurde eine neue, differenzierte Typologie (HGD I A–VII A5) entwickelt, die die bisherigen Typenübersichten ersetzt. Bemerkenswert ist die Übernahme von figürlichen Appliken der im 40 km entferntenTöpfereizentrum von Sidi Marzouk Tounsi hergestellten Gefäßkeramik, die man in Djilma als Spiegeldekormotive bei Lampen einfügte. Spiegeldekormotive mit christlichen Symbolen wurden im zweiten Viertel des 5. Jahrhunderts nicht verwendet und ein dominierender Lampentyp (Atlante X A1a) des Töpfereizentrums von Sidi Marzouk Tounsi nicht imitiert. Möglicherweise war Djilma mangels töpferischer Innovationen bei der Sigillatagefäßkeramik, d. h. neuer Formen und Stempeldekore, ebenso wie bei den Lampen nicht mehr in der Lage, dem Bedarf an hochwertiger Feinkeramik in der Provinz Byzacena, in den benachbarten Provinzen und darüber hinaus nachzukommen. Ob die politischen Veränderungen der 30er Jahre des 5. Jahrhunderts und die vandalische Herrschaft mit Einnahme Karthagos (439) und der gesamten Provinz Africa Proconsularis unmittelbare Auswirkungen auf große Handwerksbetriebe hatte, ist unsicher. Bemerkenswert ist, dass in der Byzacena nach dem 442 zwischen dem vandalischen König Geiserich mit dem römischen Kaiser Valentinianus III. geschlossenen Friedensvertrag das Töpfereizentrum Sidi Marzouk Tounsi fortbestand, dagegen mit dem Ende der Sigillata- und Lampenproduktion in Djilma um 430/440 oder um die Mitte des 5. Jahrhunderts gerechnet werden muss.