Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien
Adrian Sauer (* 1976, Berlin, DDR) gibt uns mit seinen fotografischen Kunstwerken körperliche, seelische und geistige Impulse. Er stellt Fragen, ohne Antworten zu erwarten, und öffnet die gedanklichen Strukturen derer, die sich auf seine Arbeiten einlassen. Letztlich handelt es sich dabei um eine Methode, die ideologisches Handeln entlarvt.
Die Ausstellung in der Kunststiftung DZ BANK bietet anhand von sieben Werkreihen, die zwischen 2014 und 2021 entstanden sind, einen umfassenden Einblick in das multimediale Schaffen des in Leipzig lebenden Künstlers.
In der fotografischen Soundinstallation »Fotografieren ist«, 2019, die in die Philosophie der Fotografie hineinreicht, modifiziert Adrian Sauer beispielsweise Suchergebnisse, die er bei Google auf seine Eingabe »Fotografieren ist« erhalten hat. Dem Ergebnis »Fotografieren ist sozial und interaktiv« etwa fügt er weitere Variationen hinzu, wie zum Beispiel »Fotografieren ist asozial und interaktiv, Fotografieren ist sozial und passiv, Fotografieren ist asozial und passiv«. Der Künstler hat die Resultate nicht nur durch seine Auswahl und durch unterschiedliche Negationsformen der Sätze bearbeitet, sondern auch, indem er die Abfolge der »Strophen« in ein neues Bezugssystem stellt. Durch die Abwandlung der Suchergebnisse und die Neukontextualisierung der Inhalte wird den Zuhörenden bewusst, dass jeder Aussage etwas Wahres innewohnt, was sie in die Lage versetzt, ihre eigenen Vorstellungen hinterfragen zu können.
Ähnlich geht Adrian Sauer auch mit seinen digitalen C-Prints, den digital erzeugten Bildern, den skulpturalen Formulierungen und fotografischen Soundinstallationen um. Er scheint die Fotografie in ihre kleinsten Einheiten zu zerlegen. Diese bearbeitet er unter anderem mit selbst entwickelten Computerprogrammen, um sie im Anschluss in abgewandelter Form neu zu präsentieren.
Für die kognitive Ebene unserer Wahrnehmung interessiert sich der Künstler auch in seinen dreidimensionalen »Platonischen Körpern«, 2019, die ihre Form durch dünne Kohlefaserstäbe erhalten. An der Wand, auf dem Boden oder an der Decke installiert, verändern sie sich je nach der Position des Betrachtenden im Raum: Mal erscheinen sie zweidimensional wie eine Zeichnung, mal dreidimensional als Körper, und verweisen so ein weiteres Mal darauf, dass die Perspektive des Betrachtenden das Betrachtete mit formt.
Adrian Sauer macht mit seinem Werk deutlich, dass das Wahrnehmen von Kunst Denken ist. Die individuelle Wahrnehmung ist mehr als ein Motiv, das sich auf unserer Netzhaut abbildet. Es ist Inhalt, Kommunikation, Impuls, Bewusstsein, Hinterfragung, Erkenntnis und vieles mehr. Damit versetzt der Künstler uns in die Lage, auch unsere eigene Identität immer wieder neu zu definieren.