Die Berliner Waldbühne ist eine der schönsten Freilichtbühnen Europas. Sie wurde im Rahmen der Olympischen Spiele 1936 errichtet. Nach dem Krieg wurde sie als Freilichtkino, als Spielort für die Berlinale und als Austragungsort für Boxkämpfe sowie für Rockkonzerte genutzt. Während der ersten Deutschland-Tournee der Rolling Stones vor 60 Jahren kam es dort zu Krawallen und Sachbeschädigungen, so dass die Bühne für längere Zeit nicht mehr genutzt werden konnte.
Erst 1982 kehrten die Rolling Stones auf die Waldbühne zurück. Der Veranstalter Peter Schwenkow hatte mit der damaligen Firma concept concept die exklusiven Nutzungsrechte erworben und das Zeltdach installieren lassen. In den Jahren 1998, 2014 und 2022 traten die Rolling Stones drei weitere Male dort auf.
Alle fünf Konzerte der Rolling Stones in der Waldbühne wurden von den Olaf Boehme und Gerd Coordes im Spiegel der Presse mit Berichten von Zeitzeugen, zahlreichen Abbildungen und unveröffentlichten z.T. ganzseitigen Farbaufnahmen zu einer Dokumentation „Rolling Stones Waldbühne Berlin“ in Deutsch und Englisch veröffentlicht. Die Autoren Olaf Boehme aus Bautzen und Gerd Coordes aus Rödermark nennen sich in Anlehnung an die Glimmer Twins – unter diesem Namen agieren Mick Jagger und Keith Richards seit über 60 Jahren als Komponisten- und Produzenten-Duo – auch The Writing Twins. Gemeinsam veröffentlichten sie mit dieser Dokumentation inzwischen ihr achtes Werk.
Der ehemalige HR-Moderator und Betreiber der „Rebell(i)schen Studio-Bühne in Offenbach Volker Rebell schreibt dazu in seinem Vorwort: „Die Stones und ihre Musik waren damals eine Bedrohung für die konservativ-biedere Gesellschaft. Und die sie repräsentierenden Medien zogen über die Langhaarigen und ihre ´ungehobelte Hottentotten-Musik´ her. Ihr Aussehen sei skandalös und ungepflegt. Zügellos, aufsässig und provokativ sei der Lärm, den sie sich auch noch erdreisten ´Musik´ zu nennen“.
In diesen für Beat-Anhänger nicht einfachen Zeiten machten sich zwei Primanerinnen aus Hofgeismar auf den Weg nach Münster, um dort die Rolling Stones auf ihrer ersten Deutschland-Tournee zu treffen. Auch wenn sich diese „Privataudienz“ bei den Stones nicht in der Waldbühne, sondern in Münster/Westfalen zugetragen hat, war sie wohl einmalig auf der Welt und ist daher ebenfalls mit seltenen Fotos dokumentiert.
Was bis vor wenigen Jahren nicht bekannt war, dass auf einem dieser Aufnahmen eine junge Dame abgebildet ist, die in einem Presseartikel als Mick Jaggers Freundin bezeichnet wurde.
Mick Jagger soll darüber sehr verärgert gewesen sein, sodass nur mit einer Gegendarstellung die Tournee fortgesetzt wurde.
Der Berliner Axel Schumacher berichtet von seinen Eindrücken in der Waldbühne 1965 und geht u.a. der Frage nach, ob der Auftritt der Rolling Stones tatsächlich vorzeitig beendet wurde, was bis heute gebetsmühlenartig von den Medien nach wie vor verbreitet wird.
1982 war Axel Schumacher ebenfalls in der Waldbühne dabei. Seine Erinnerungen beschränken sich nicht nur auf das Konzert, sondern auch auf das Anstehen beim Ticketverkauf und anhand von Presseartikeln auch das Partyleben im West-Berliner Europa Center nach der Show, wo Finanzmanager Prinz Rupert von Loewenstein für die Rolling Stones einen Nacht-Club gemietet hatte.
Olaf Boehme widmet sich u.a. dem Thema „Beat-Inferno von Berlin“ und den Folgen für die Jugend in der ehemaligen DDR nach den Ausschreitungen in der Waldbühne. Olaf Boehme, Jahrgang 1965, erlebte die Rolling Stones erst nach der Wende. Für ihn war das Konzertereignis # 1 die Waldbühne 1998.
Im selben Jahr stellte Gerd Coordes im Rahmen einer Ausstellung sein erstes Buch „Rolling Stones in Germany“ im Tip-Verlag in Berlin vor und erlebte mit zahlreichen Fans die Enttäuschung über den abgesagten Start der „Bridges To Babylon-Tour“ in Berlin, da Keith Richards von der Leiter gefallen war.
Ein langjähriger Security-Fahrer begleitete 2014 Charlie Watts bei seinen Ausflügen in Berlin und berichtet von der Ankunft der Rolling Stones mit der VIP-Boing 737-400 auf dem noch nicht offiziell eröffneten BER. Für Charlie Watts war es der letzte Auftritt in der Waldbühne, da er am 24. August 2021 überraschend verstarb.
Zum Waldbühnen-Konzert 2022 kam der Musikjournalist Uli Kniep aus Bad Nenndorf angereist und berichtete für den NDR. Kniep schilderte Mick Jaggers Äußerungen zum BER: „Ein Schnäppchen für sieben Milliarden EUR“, der offensichtlich von den Querelen über die Finanzierung des Flughafens ebenso wie vom Neun-Euro-Ticket Bescheid wusste.
Alle von ihm befragten Zuhörer waren sich an diesem Abend einig, dass sie wahrscheinlich den letzten Auftritt der Rolling Stones in der Waldbühne gesehen haben könnten.