Sprachliche Tabus funktionieren wie Schwarze Löcher. Genau wie ihre kosmischen Gegenstücke verschlucken sie alles, was in ihre Nähe gerät. In ihrem Zentrum herrscht absolute Dunkelheit, totales Schweigen. Doch an den Rändern entstehen helle, wirbelnde Lichthöfe: eine komplexe Tabusprache, die das Unaussprechliche umkreist, ohne es je direkt zu benennen. Die SED-Führung schuf mit verschiedenen Mitteln solche "Schwarzen Löcher" um politisch brisante Themen der DDR wie: Verrat im kommunistischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus, die Vertreibung aus ehemals deutschen Gebieten, der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 und die Selbsttötungen. Doch diese Themen verschwanden dadurch nicht. Stattdessen lenkte ihre gewaltige "Gravitationskraft" die gesellschaftliche Aufmerksamkeit ab und zwang sie in verschlüsselte Umlaufbahnen. Udo Grashoff deckt auf, wie das, was unsichtbar bleiben sollte, durch Tabusprache verschleiert und zugleich angedeutet wurde.