"Einheit durch Verfassung" Fast 19 Jahre nach Öffnung der DDR-Grenze verblassen die Erinnerungen an ein geteiltes Land zunehmend - schließlich wächst eine ganze Generation in Verantwortung, die eine deutsch-deutsche Geschichte nicht mehr selbst erlebt hat. Insoweit nimmt es vielleicht nicht Wunder, erfüllt aber dennoch mit großer Sorge, dass angeblich die Hälfte der Schülerinnen und Schüler in den neuen Bundesländern keine Kenntnisse mehr von dem diktatorischen Charakter des DDR-Regimes hat. Mit fehlender Kenntnis über die Zeit der beiden deutschen Staaten verblasst naturgemäß erst recht die Erinnerung an den seinerzeitigen Weg zur Erlangung der Einheit, der ein verfassungsrechtlicher war. Ist Einheit eines Volkes oftmals das Ergebnis eines revolutionären Aktes, und ist eine Verfassung als rechtliche Grundordnung für diese Einheit dann erst eine Folge dieses revolutionären Aktes, so ist die Deutsche Einheit seit 1990 umgekehrt das Ergebnis einer offenbar außergewöhnlichen Verfassung. Einheit durch Verfassung - es sei daher erlaubt, den Tag der Deutschen Einheit auch als Verfassungstag des vereinigten Deutschlands anzusehen. DIes gibt Anlass, der meist vernachlässigten Frage nachzugehen, welche Rolle eine Verfassung für die Einheit eines Staates, eines Volkes, einer Nation spielt bzw. spielen kann.