Wahlkapitulationen sind schriftlich niedergelegte Vereinbarungen, die innerhalb eines Wahlgremiums normalerweise vor einer Elektion als rechtsverbindlich für jeden wählbaren Kandidaten getroffen und beschworen werden. Die Textfassung ist wesentlich eine meist ergänzungsbedürftige Fortschreibung der jeweiligen Vorgängerversion und widerspiegelt das aktuelle (kirchen-)politische Geschehen im zu regierenden Territorium bzw. reflektiert die abgelaufene Amtszeit sowie die Umsetzung oder Nichtbeachtung früherer Kapitulationen.
Im kirchlichen Bereich sind seit dem 13. Jahrhundert bischöfliche Wahlkapitulationen bekannt, welche sich im Zuge der Etablierung des exklusiven Bischofswahlrechts (1448–1806) der Domkapitel in den Fürstbistümern des Heiligen Römischen Reiches entwickelt haben. Für das Bistum Chur als geistliches Reichsfürstbistum (seit Ende des 12./Anfang des 13. Jahrhunderts) liegen nach der Reformation für das 17. Jahrhundert für alle Wahlen zu den 5 Episkopaten (1601–1728) entsprechende Kapitulationen vor, die hier in lat./dt. Wortlaut wiedergegeben und in die jeweilige Zeit des entsprechenden Episkopats gestellt werden: so etwa als Handhabe zur Förderung und Intensivierung der geistig-geistlichen Erneuerung in der Diözese, zur Schuldenreduktion, aber auch zur Einflussnahme des Domkapitels Chur.
1695 wurden durch päpstliche Weisung und kaiserliche Bestätigung (1698) das weitere Ausstellen solcher Kapitulationen zwar strikte untersagt. Doch blieben diese bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 ein Mittel der Rechtssetzung und Instrument auf dem Weg zu Reformen in den geistlichen Staaten.
Die lückenlos erhaltenen Wahlkapitulationen des Domkapitels Chur im 17. Jahrhundert, teils sogar aus der Feder des päpstlichen Nuntius, also eines kurialen Vertreters, stammend, sind ein interessantes, bislang wenig bekanntes Kapitel in der Churer Bistumsgeschichte.