Die vorliegende Studie, die 2024 an der Universität Passau als Dissertation angenommen wurde, untersucht – konsequent bildwissenschaftlich vorgehend – US-amerikanische Präsidentenportraits als repräsentative Kunst und etabliert sie als eigenständige Gattung. Darauf aufbauend wird die Verwendung von presidential portraits in verschiedenen Medien untersucht. Interdisziplinär werden vorangegangene textbasierte Studien aus Soziologie, Politikwissenschaft, Erinnerungskulturforschung und Amerikanistik in einen bildwissenschaftlichen Kontext eingebettet. Es wird nachgewiesen, dass das presidential portrait ein zivilreligiöses Artefakt ist, dem sowohl der Wertekanon der ame-rikanischen Zivilreligion und der Institution der Präsidentschaft als auch das Spiegelbild der Wertewelt des jeweiligen Amtsinhabers innewohnt. Die visuelle Darstellung US-amerikanischer Präsidenten wird dadurch zum essenziellen Teil der politischen strategischen Kommunikation. In dieser Rolle überwinden presidential portraits die physischen Grenzen der dekorativen repräsentativen Kunst.
In den Medien werden zivilreligiösen Werte, hier aufgezeigt am Beispiel der Netflix-Serie House of Cards, destruiert. Mit der Möglichkeit der grenzenlosen Teilhabe an und in den sozialen Medien, verschwimmen im postfaktischen Zeitalter die Grenzen von Fakt und Fiktion. Vormals war zumindest ein gewisses Maß an Kongruenz zwischen den zivilreligiösen Werten der Institution der Präsidentschaft und den Kandidat:innen sowie dem Amtsinhaber erforder-lich, um in der Rolle des US-Präsidenten akzeptiert zu werden. Spätestens seit 2016 bestimmen Klicks, Streams und reißerische Stories den US-amerikanischen Wahlkampf. Die Netflix-Serie House of Cards fungierte dabei als Katalysator zur Entwertung und Destruktion zivilreligiöser Narrative. Der fiktionale Präsident Francis Underwood überschritt die Grenzen seiner Bild-schirmexistenz, indem er Redezeit beim White House Correspondent’s Dinner erhielt, sein presidential portrait in der National Portrait Gallery ausgestellt wurde und seinen eigenen Wahlkampf als Werbung für die Serie führte. Dieses außerordentliche Durchbrechen der vierten Wand, führte dazu, dass die in der fiktionalen Realität durch Bezüge zum realen Zeitgeschehen konterkarier-ten zivilreligiösen Narrative auch in der Gegenwart entwertet wurden. House of Cards sensibilisiert so für Ereignisse der Gegenwart und antizipiert den unheilbaren Bruch zwischen zivilreligiöser Theorie und unmittelbarer politischer Gegenwart, der während der Amtszeit von Donald Trump tatsächlich zur politischen Realität wurde.