Die vorliegende Publikation befasst sich mit den Fragen, inwieweit das Invalidenleistungsrecht nach dem Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge (BPVG) von der schweizerischen Rezeptionsvorlage (BVG) abweicht, wie sich die Rechtsunterschiede auf die Rechtsanwendung auswirken, in welchen Bereichen eine eigene Rechtsprechung besteht und in welchen Bereichen die in der Schweiz entwickelte Lehre und Rechtsprechung in Liechtenstein angewendet werden kann.
Ausgangspunkt für die Themenauswahl waren jeweils liechtensteinische Gerichtsentscheidungen. Mit dem Invalidenleistungsrecht nach BPVG waren die liechtensteinischen Gerichte mehrfach befasst, sodass viele wesentliche Rechtsfragen in diesem Bereich bereits beantwortet sind. Der Gesetzgeber hat einige Regelungen des schweizerischen BVG-Invalidenleistungsrechts nicht ins BPVG übernommen. Wie die Gerichte damit umgegangen sind, wenn sie im BPVG zu einer entscheidungswesentlichen Frage keine Regelung vorgefunden haben, zeigen die Anwendungsbeispiele im Teil 2. Unter dem Titel Rezeption und Anwendung des schweizerischen BVG-Risikoleistungsrechts sollten ursprünglich die Hinterlassenenleistungen mitberücksichtigt werden. Zum Hinterlassenenleistungsrecht nach BPVG ist jedoch keine Gerichtspraxis ersichtlich. Weil zu den Hinterlassenenleistungen keine Rechtsanwendungsbeispiele vorliegen, wurde die Arbeit auf die Invalidenleistungen eingegrenzt.
Sowohl das BPVG als auch das IVG beruhen im Wesentlichen auf den schweizerischen Rezeptionsvorlagen. Zur Beurteilung der Anwendbarkeit der schweizerischen Rechtsprechung in Liechtenstein wurden soweit erforderlich die jeweiligen liechtensteinischen und schweizerischen Rechtsgrundlagen verglichen und auf ihre Übereinstimmung geprüft.
Im Mittelpunkt des Kapitels Leistungskoordination steht ein Urteil des Staatsgerichtshofes zur Kürzung der Rente eines Unfallinvaliden im ordentlichen Rentenalter, in welchem auch die Frage beantwortet wird, ob in Liechtenstein ein ungeschriebener Grundsatz des Überentschädigungsverbotes gilt. Der Staatsgerichtshof weicht von der Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts, auf die sich der Beschwerdeführer im Verfahren berufen hatte, ab. Aufgrund der grossen Übereinstimmung der liechtensteinischen und schweizerischen Regelungen zur Leistungskürzung wird die Rechtsentwicklung in der Schweiz näher erörtert.
Das liechtensteinische Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge ist als Rahmengesetz mit Minimalvorschriften ausgestaltet, welches liberaler und flexibler ist als das schweizerische Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge. Die beiden Rechtsgrundlagen weisen etliche Gemeinsamkeiten auf, sie unterscheiden sich aber auch in mancher Hinsicht.
Im Teil 1 der Arbeit wird zudem die Entwicklung des Invalidenleistungsrechts nach Themenbereichen und unter Einbezug der schweizerischen Rezeptionsvorlage seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die betriebliche Personalvorsorge in Grundzügen dargestellt.
Die Arbeit schliesst mit einer Würdigung, kritischen Anmerkungen und Ergänzungsvorschlägen de lege ferenda.