„Maschentausendabertausendweit.“ – So lautet ein Vers in Else Lasker-Schülers berühmtem Gedicht Ein alter Tibetteppich. Es befasst sich mit einer engen und liebenden Verflochtenheit. Dies kann man als Sinnbild für Lothar Bluhms Verhältnis zur Literatur und zugleich als Symbol für seinen forschenden Zugriff auf diese verstehen. Die palimpsestuöse Struktur von Literatur steht im Mittelpunkt von Bluhms Interesse. Das intertextuelle Spiel, das darunter gefasst wird, zeigt sich in Bluhms Sicht ganz besonders im Märchen, dem damit prototypische literarische Qualitäten zukommen. Es ist in seinen Worten „Literatur aus Literatur aus Literatur“.
Der zweite Band knüpft an Lothar Bluhms weitgefächerte Forschungsinteressen an, die auch jenseits der Märchenforschung vielfältig sind und sich durch eine starke kulturwissenschaftliche Ausrichtung auszeichnen. In ihm zeigt sich, wie weit Bluhms Netzwerk aus wertschätzenden Kolleg*innen gespannt ist: Es vereint philologische, theologische und medientheoretische Perspektiven und widmet sich der Literatur vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart.
INHALT
BAND 2: „...ABERTAUSENDWEIT“
Helmut Schmiedt
Das Schweigen und das Glück 303
LITERATUR DES 19. UND 20. JAHRHUNDERTS IN PHILOLOGISCHER PERSPEKTIVE
Johannes Barth
Mit poetischer Tendenz. Ein Liedtext der österreichischen Lyrikerin Gabriele Baumberg und Goethes musikalische Geselligkeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts 317
Philip Kraut
„Ich weiß eine alte Kunde, Die hallet dumpf und trübʼ“. Philologische Seitenhiebe in Heines Dichtung 333
Michael Baum
Thomas Mann schreibt den Tod in Venedig 351
Achim Hölter
„Grauen oder sonst etwas dieser Art“. Heimito von Doderers Heimkehr in die Jugend – ein proustischer Versuch, eine Doderer’sche Wendung 369
Gabriele Sander
„Mit meiner Heimat will ich wandern…“. Herkunft, Erbschaft und Erinnerung im Werk Else Lasker-Schülers 377
Michael Ansel
„Parole: Mit dem Kopf durch die Wand!“ Else Lasker-Schülers Ich räume auf! als verfehlte Intervention im literarischen Feld der Weimarer Republik 395
Uta Schaffers
Mechtilde Lichnowskys Götter, Könige und Tiere in Ägypten (1913). Verlebendigungen im Reich der Toten 417
THEOLOGISCHE PERSPEKTIVEN
Markus Schiefer Ferrari
„Ich will das Brot mit den Irren teilen […] zum dreifachen Laut deines Namens.“ Beispiele biblischer Provokationen und Preisungen bei Christine Lavant 435
Karin Finsterbusch
Der Alte und der Neue Bund. Anmerkungen zur substitutionstheologischen Rezeption von Jer 31,31-34 453
Ulrich A. Wien
Kriegsende 1918 im Kulturprotestantismus. Eine Analyse der Kanzelrede von Franz Herfurth 471
REALITÄT UND FIKTION
Gerhard Fieguth
Erzählen… Vom Alltäglichen zum Wunderbaren. Ingo Schulze: Handy. Dreizehn Geschichten in alter Manier 491
Gregor Schuhen
Von wegen platt! Anmerkungen zum Stellenwert des Literarischen im Werk von Annie Ernaux 501
Katharina Turgay
Hexen, Kommissare und Wuppertal. Interaktion zwischen Fiktionen und Wirklichkeit 519
Andreas Osterroth
Memestausendabertausendweit – die Memesphere, ein Geflecht 533
GEGENWART: LITERATUR UND MEDIEN
Michael Braun
Natura loquitur. Ökologische Deutungsordnungen in der Lyrik 551
Helga Arend
Brüchige Konstruktionen von Realität in Judith Hermanns Roman Daheim und in den Frankfurter Poetikvorlesungen Wir hätten uns alles gesagt 567
Christiane Hänny
Von Katern und Menschen. Tier-Mensch-Hybride in Michael Köhlmeiers Matou 583
Jessica Vogt
Ein Zwirn, der nicht zu reißen droht. Identifikatorische Lektüre und intersubjektives Lernen anhand des Romans Der Gesang der Flusskrebse und des Comic-Buchs Boris, Babette und lauter Skelette 599