Der vorliegende Band und die Reihe ,Muziris‘, an deren Anfang er steht, haben ihren Ursprung in der Beobachtung, dass die Kultur-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Alten Welt in der gegenwärtigen Forschung zwar immer stärkere Aufmerksamkeit genießen, aber dennoch immer noch Forschungslücken zu identifizieren sind. Diese Lücken resultieren aus zwei Missständen: Zum einen ist insbesondere die Einbeziehung des reichen dokumentarischen und archäologischen Quellenmaterials immer noch unzureichend. Zum anderen wird selten ein Blick über Epochen-, Disziplin- oder vermeintliche geographische und kulturelle ‚Grenzen‘ hinweg bemüht.
Hier setzt daher die in diesem Band thematisierte Beschäftigung mit dem ökonomischen Agieren zwischen dem Mittelmeerraum, dem Indischen Ozean, dem Alten Orient und dem Fernen Osten in der Antike an. Auf dem im Mai 2021 abgehaltenen Workshop ‚Trade and Seafaring in the Red Sea, Persian Gulf and Indian Ocean in Antiquity‘ wurde diese Großregion sowie die sie verbindenden See und Landhandelswege in der Zeit vom dritten Jahrtausend v.Chr. bis in das dritte Jahrhundert n.Chr. aus der Perspektive unterschiedlicher altertumswissenschaftlicher Disziplinen thematisiert. Neben den literarischen Quellen standen insbesondere die historische Papyrologie und die Epigraphik im Fokus, aber auch numismatischem und archäologischem Material wurde breiter Raum eingeräumt. Es wurde dabei in allen Beiträgen und Diskussionen versucht, auch die kulturspezifischen Werte- und Regelsysteme in den Blick zu nehmen, die in den Quellen im Kontext ökonomischer Aktivitäten in diesem Raum fassbar werden. Zudem wurde eine longue durée-Perspektive erarbeitet, um strukturelle Entwicklungsprozesse sowie Kontinuitäten von kulturellen, infrastrukturellen oder ökonomischen Verbindungen erkennen und diskutieren zu können.