Die weibliche Gefahr

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Die weibliche Gefahr
Erstmals wird der historische Beitrag der frühen deutschen Science Fiction 1861 - 1916 zum Antifeminismus untersucht. Wenn auch das Subgenre der antifeministischen Utopie eher eine Nischenliteratur in der frühen deutschen Science Fiction darstellte, wurde die utopisch-antifeministische Karikatur in humoristischen Zeitschriften und Postkartenserien jedoch unter dem Duktus „Die Frauenbewegung bedeutet den moralischen Bankrott der Männerwelt“ weit verbreitet. Im utopischen Gewand ließen sich die Frauenbewegung, Frauenrechte, Emanzipation („Diese neue Emanzipation macht alle echte Männlichkeit zum Hohn.“) und Gleichstellung der Frau („Die Frauen diktieren die Gesetze und unter ihrem Regiment werden die Männer kurz gehalten.“) hemmungslos diskreditierten, so durch parfümierte Männer in Frauenkleidern, rauchende Frauen in Männerkleidung, Ärztinnen, die Männer untersuchen, Richterinnen, die über Männer urteilen („Jeder Mann hat von vornherein unrecht ... man müßte das ganze Geschlecht ausrotten.“), im Weltparlament ohne Männer über diese entscheiden, Männer von der Hochschulausbildung fernhalten und sie stattdessen ausschließlich Hausarbeit machen lassen („Es geht nichts über einen häuslich erzogenen Mann.“), Ehefrauen, die ihren Mann auspeitschen, wenn er den Säugling nicht rechtzeitig versorgt, Männer, die totgeküsst werden und in einen „Liebesstreik“ treten müssen, männertolle Abgeordnetinnen, die meistens aufgrund von Schwangerschaft, Stillzeit oder „Frauenleiden“ nicht an den Sitzungen teilnehmen können, oder diese vorzeitig beenden, um sich in den Nebenräumen mit unverheirateten Männern zu vergnügen, sowie ein Bartverbot und die Zwangsehe für ledige Männer einführen, Frauen, die im Frauenstaat ihre infantilen Männer verachten und sich neuankommenden „echten Männern“ sofort unterwerfen. Bis auf eine photonenstrahleninduzierte feminin-chromosomale Gechlechtsdeterminierung, die Antizipation von oviparen Frauen und die degenerative Verweiblichung des Mannes mit Männermilch hat das Subgenre der antifeministischen Utopie keine literarisch bedeutenden Texte hervorgebracht. Es wurden lediglich mehr als ein halbes Jahrhundert lang stets die gleichen frauen- und emanzipationsfeindlichen utopischen Stereotypen reproduziert, die letztendlich nur die damaligen Verlustängste vieler Männer bei einer völligen Gleichstellung mit der Frau widerspiegelten und in die Zukunft transferiert wurden. Technische SF-Elemente fehlen hingegen weitgehend in den antifeministischen Utopien, sodass die wenigen Ausnahmen deshalb zu den heute noch lesenswerten Texten zählen, so diejenigen mit einem anthropomorphen Bildungs- und Prügelautomaten, einer Maschine, die KI-generierte Lyrik produziert, und besonders der Antizipation einer laßwitzaffinen, hypertechnisierten und -mobilen Zukunftswelt des Jahres 2499. Das auffällige Fehlen von SF-Elementen ist daher symptomatisch für die antifeministische Utopie, die sich weniger als eine humorvolle oder ernsthafte Antizipation der Zukunft geriert, sondern durch die „utopische Methode“ primär die Frauenbewegung der Gegenwart diskreditieren wollte. Die bedeutenden und produktivsten SF-Autoren der Zeit haben sich hingegen nicht antifeministisch geäußert, sondern in ihren besten Werken eher eine profeminine Zukunft mit vollständiger Gleichberechtigung antizipiert. Doch auch in der damaligen utopisch-antifeministischen Karikatur seit 1873 wurde die Emanzipation der Frau übel diskriminiert, sodass sie zuerst oft als studentische Burschenschaftlerin oder später um 1900 sexistisch als vollbusige Soldatin lächerlich gemacht wurde, was zahlreiche Illustrationsbeispiele und weitverbreitete Ansichtskartenserien belegen, wobei die Tanz-, Heirats- und Kuss-Automaten noch zu den harmlosesten Karikaturen zählen. Inhalt: Zum antifeminin-utopischen Geleit Genese der deutschen Science Fiction und die ersten utopischen Frauengestalten in den 1870er Jahren Antifeminismus in der frühen deutschen Science Fiction 1861 Hundert Jahre Frauenemanzipation 1872 Die Fraueninsel 1883 Emancipationsblüthen 1886 Eine Parlamentssitzung in hundert Jahren 1887 Männermilch – Nieder mit den Ammen! 1890 Die Brutanstalt der eierlegenden Frauen 1890 Emancipata Zukunftsmusik 1894 Das Frauentribunal 1895 Fräulein Doctor 1895 Protest-Meeting 1896 Zur Männerfrage 1896 Eine Schulkonferenz im Jahre 2000 1897 Unter gescheiten Frauen 1898 Nach 100 Jahren 1899 Die Frau nach fünfhundert Jahren 1899 Aus dem Tagebuch eines jungen Mannes anno 2000 1901 Die Emanzipierten 1905 Im Reiche der Phäaken 1906 Anthropoovaropatus, der ovipare Mensch 1906 Fräulein Dr. jur. Cocos Werbung 1906 Im Frauenstaat. Aus einer Reichsratstagung 1907 Zukunftsmusik Männermangel 1908 In fünfzig Jahren 1910 Der letzte Leutnant 1911 Die Welt ist ein Theater 1911 Der Afrikaforscher am Kochherd 1914 Die Frauen von Utopia 1916 Die weibliche Gefahr Die utopisch-antifeministische Karikatur 1873 - 1910 in Zeitschriften und Postkartenserien Auswahlbibliographie Sekundärliteratur

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ISBN: 9783910234710

Language: German

Publication date: 01.10.2024

Number of pages: 212

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